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Behindert Co2-Neutralität die energetische Sanierung oder Neubau?

03.11.2021 Allgemein Keine Kommentare

Klimaschutz im Immobilienbereich führt unweigerlich zu ESG und der Umsetzung der EU-Taxonomie, die noch nicht abgeschlossen ist. Viele Firmen arbeiten aber natürlich bereits an den Themen und ermitteln den eigenen Co2-Footprint als Ausgangsbasis und ernten dabei gleich mit ersten Maßnahmen die „low-hanging-fruits“…

Doch was passiert weiter, wenn wir mit Strom aus regenerativen Quellen und „grüner“ Wärme formal den wesentlichen laufenden Betrieb als Co2-neutal definieren? Natürlich wird man sich die weiteren Prozesse und Co2-Bilanz beauftragter Dienstleister wie z. B. Müllentsorgung, Reinigungsunternehmen und Anwälte/Steuerberater ansehen müssen.

Zudem wird es sicherlich in näherer Zukunft einen Co2-Zertifikatehandel geben. Damit werden die Co2-Werte dann auch tatsächlich in Euro und Cent rechenbar. In der Folge werden für Baumaßnahmen (die naturgemäß Co2 emittieren) Zusatzkosten für die Co2-Emissionen fällig und in die Gesamtkalkulation einzupreisen.

Doch wie stellt sich die Co2-Bilanz der energetischen Sanierung tatsächlich dar? Die Baumaßnahmen (insb. mit Zement) sind stark Co2-lastig. Was wird am Ende an Energie eingespart? Und wenn die Energie ohnehin aus regenerativen Quellen kommt – gibt es dann überhaupt eine zukünftige Co2-Ersparnis?

Werden sich energetische Sanierungen in einer Co2-Betrachtung in der Folge überhaupt „rentieren“? Entweder im Rahmen ersparter Energie wirtschaftlich, wenn hier noch die Co2-Emissionen der Baumaßnahmen zusätzlich mit 50-200 EUR/to. Co2 eingerechnet werden müssen? Oder in Bezug auf den Co2-Footprint insgesamt, wenn die Ausgangslage durch den Einsatz regenerativer Energien bereits weitgehend neutralisiert wurde? 

Wie gehen wir mit anderweitigen Ertüchtigungen, Mieterumbauten und z. B. Änderungen von Nutzungsarten um? Werden diese Umbauten aufgrund horrender Co2-Abgaben unwirtschaftlich, wenn der Mieter nicht bereit ist deutlich höhere Mieten zu zahlen, und zukünftig unterbleiben?

Und was ist mit dem Neubau von Flächen? Hier fehlt eine zukünftige Ersparnis wenn nicht zeitgleich eine „umweltschädlichere“ Immobilie rückgebaut wird (Entsiegelung von Grundstücksfläche). Wird es überhaupt noch Neubau geben? In Berlin wurde zuletzt dem Bund aufgegeben, für einen Neubau im Regierungsviertel an anderer Stelle in Berlin Fläche als Ausgleich zu entsiegeln. Aber wir kennen auch die Argumentation in einem anderen Bereich: Es ist derzeit umweltfreundlicher einen alten Kühlschrank der Energieklasse D weiter zu betreiben, als diesen zu entsorgen und einen neuen Kühlschrank der Energieklasse A+++ zu produzieren. Wird diese abstrakte „Rechnung“ auch auf den Neubau von Immobilien, insbesondere bei gleichzeitigem Abriss von Altimmobilien, zutreffen?

In Berlin haben Politiker der Grünen (Landesarbeitsgemeinschaft der Grünen) argumentiert, dass der U-Bahn einer Strecke abzulehnen sei, das sich der Neubau wegen der enormen Co2-Belastung (auch hier: Zement) klimatechnisch erst in 114 Jahren „rechnen“ würde. (Quelle: https://taz.de/Gruene-Debatte-ueber-U-Bahn-Bau/!5749504/). Und hier haben als Kompensation die Vermeidung umweltschädlichen Auto-Verbrenner-Individualverkehrs. Trifft diese Ablehnung künftig auch auf den Neubau von Büroimmobilien zu? Werden Bauanträge und -genehmigungen in Zukunft auch eine Co2-Einsparkompenente enthalten müssen? 

Die aktuelle Bestanderhebung und Szenarienbildung der Bewirtschaftung heute und in der Zukunft löst erhebliche Fragen aus. Sowohl in Bezug auf energetische Sanierung, tatsächliche Co2-Ersparnisse als auch in Bezug auf das Kerngeschäft der Immobilienwirtschaft: Der Errichtung und den Betrieb von (Büro-)Immobilien. 

Es besteht die Gefahr, dass Umbauten und Sanierungen deutlich teurer und unwirtschaftlicher werden – und das Neubauten ggf. noch schwieriger eine Baugenehmigung erhalten werden. In der Folge würden die bestehenden  Immobilien deutlich länger und ohne weitere Umnutzungen und Umbauten weitergenutzt – bis ein Abriss unumgänglich ist. 

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