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Arbeitserfassung in Zeiten der Flexibilität? Digital Use case?

15.05.2019 Allgemein Keine Kommentare

Der EUGH hat in einem Urteil entschieden, dass Arbeitgeber die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter genau erfassen müssen – um die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen zu gewährleisten bzw. überwachbar zu machen. Zudem werden dadurch Überstunden klarer ermittelt und dokumentiert – und für die Arbeitnehmer nutzbar.

Wie passt dies zu dem Trend zu mehr Flexibilität, individueller Arbeitszeit und work-life-Balance? Damit werden wir ja gerade von den Arbeitnehmern (und teilweise Betriebsräten) bedrängt. Allerdings gibt es auch eine häufig bereits jetzt aufgrund von Generationsunterschieden oder anderen Arbeitsweisen entstehende Gerechtigkeitsdiskussion in Betrieben. Arbeiten die Home-Office-Arbeiter oder Voll-Flexible auch die 40 Stunden – wie die Mitarbeiter, die die 40 Stunden von 9-17 Uhr im Büro erbringen?

Die EUGH Entscheidung schein aus der Zeit gefallen zu sein – aber sie soll natürlich die Arbeitnehmer vor Übervorteilung durch den Arbeitgeber schützen. Es ist natürlich tatsächlich häufig so, dass Vertrauensarbeitszeit auch zu längerer Arbeitszeit führt. Durch moderne Medien ist der Mitarbeiter eigentlich immer erreichbar. Häufig fällt es schwer, sich dem zu entziehen ohne ggf. berufliche Nachteile zu riskieren.

Wie bringt man Arbeitnehmerschutz und auch Arbeitnehmern gewünschte Flexibilität (auch für Kinderbetreuung, berufliche Stresszeiten, Fortbildungen oder familiäre Besonderheiten) in Einklang?

Auch wollen Arbeitgeber nicht nur Anwesenheit oder Stunden bezahlen – sondern Ergebnisse. Ist eine Steuerung über Ergebnisse dann noch möglich? Gerade im Dienstleistungsbereich ist man von der „Produktion“ und ihren regeln weit entfernt – wobei in Produktionsbetrieben die Erfassung der Arbeitszeit wohl noch am besten funktioniert.

Der EUGH hat jetzt erst einmal die Nationalstaaten in die Pflicht genommen, die Arbeitszeiterfassung zu regeln. Ich gehe davon aus, dass dies auch so kommen wird. Die Arbeitnehmerschutzrechte für alle werden stärker wiegen als die Flexibilitätswünsche einzelner – auch wenn man Kinderbetreuung bzw. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie anführt. Zumal der EUGH klar entschieden hat. Allerdings ist jetzt konkret – vor einer gesetzlichen Regelung – noch nichts zu tun.

Zukünftig werden moderne Erfassungssysteme, ggf. APP-basiert, erforderlich sein, die mit den vorhandenen Systemen zur Arbeitszeit, Urlaubsplanung und Krankheitserfassung kommunizieren kann. Das wird wohl mehr akzeptiert, als Erfassung durch elektronische Zugangssysteme. Außerdem bieten App-Lösungen auch die Möglichkeit ggf. zu Hause anfallende Arbeitszeiten zu erfassen. Als Streitthemen werden dann wieder die Erfassung von Pausen, Raucherpausen oder andere Abwesenheiten aufkommen, die wir mit denVertrauensarbeitszeiten überwunden glaubten.

Dazu wird es dann technische Kontrolle mittels KI und Freigabe durch den Vorgesetzten, sowie automatische Warnanzeigen z. B. bei Erreichen von 9,5 Arbeitsstunden am Tag etc. geben. Zusätzliche automatische Mails an Vorgesetzte und Personalabteilungen informieren über Besonderheiten und Verstöße gegen die Arbeitszeiten. Wird es dann auch ein Geo-Tagging geben müssen um zu prüfen, wo sich der Mitarbeiter bei der angeblichen Erbringung der Arbeitszeit aufhält? Wie werden Reisezeiten behandelt?

Hier ergibt sich ein Feld für einen Digital-Use-Case für moderne und mobile Zeiterfassungssysteme. Dort lassen sich verschiedene Ausprägungen und innerbetriebliche Regeln und Vorgaben sowie die gesetzlichen Rahmenbedingungen abbilden.

Letztlich wird sich auch mit dem besten System die von vielen Mitarbeitern der Generation Y geforderten Flexibilitäten bei Arbeitszeit und -Ort nicht ohne Nachweis / Kontrolle realisieren lassen. Vielleicht ist das dann aber auch der Preis und sichert den Generationenfrieden im Unternehmen. Es zeigt aber auch, dass die Gewerkschaften noch nicht im Denken der Generation Y angekommen sondern eher rückwärtsgewandt sind.

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