Dr. Michael Piontek – Willkommen auf meiner privaten Webseite

Das einzig Konstante im Universum ist die Veränderung.
Heraklit

Wird die EZB-Politik berechenbarer? Was kommt nach Draghi?

19.06.2018 Allgemein Keine Kommentare

Die EZB hat sich deutlich geäußert – zumindest zum teil. Die Anleihenankaufprogramme sollen zum Jahresende auslaufen. Das ist eine klare Aussage. Klare Aussage sind grundsätzlich gut, da Unsicherheiten immer die Märkte belasten.

Zinserhöhungen sind auch im Sommer 2019 nicht zu erwarten. Ob nun „trugh“ oder „troughout the summer“ – nach dem Sommer ist damit eine Zinserhöhung möglich. Draghi könnte daher noch vor dem Ende seiner Amtszeit im Herbst den ersten Schritt setzen. Das könnte auch für ihn wichtig sein um nicht nur als EZB-Präsident der ultralockeren Politik in die Geschichtsbücher einzugehen, sondern auch als der Mann, der es „gerichtet“ hat und die Zinsen wieder anhob. So etwas ist für Präsidenten immer wichtig. Er würde damit auch den Druck der Zinswende von seinem Nachfolger nehmen.

Im Ergebnis bleibt es daher bei meiner Prognose, dass zum Jahresende mit dem Anleihenankaufprogramm „Schluss“ ist und Mitte nächsten Jahres die Zinsanhebungen kommen könnten. Sollt es zu einem Verfall de Euro aufgrund weltwirtschaftlicher Entwicklungen kommen, könnten Zinserhöhungen auch früher angezeigt sein.

Die Märkte werden die absehbar steigenden Zinsen bereits in der zweiten Jahreshälfte einpreisen. Dabei bleibe ich bei meiner Prognose, dass wir bis Ende 2019 keinen Zinsanstieg über 1% im 10-Jahresbereich erwarten dürfen.

Doch wie geht es weiter? Jens Weidmann wird immer wieder als möglicher Nachfolger Draghis gehandelt. Kaum vorzustellen, dass die Eurostaaten (insbesondere die Südländer) dem starken Deutschland auch diesen wichtigen Posten zubilligen. Allerdings hat Deutschland jetzt auch 20 Jahre seit EZB-Gründung gewartet und mit Draghi ist jetzt ein Vertreter der Südländer EZB-Präsident. Sollte sich Deutschland mit dem sicherlich hoch qualifizierten Weidmann durchsetzen, wäre sicherlich eine straffere Zinspolitik zu erwarten. Das würde auch zu den dann herrschenden Erfordernissen passen. Weidmann wäre sicherlich der richtige Mann, eine Zinswende auch um- und durchzusetzen. Deutschland könnte sich als größte Volkswirtschaft hier sicherlich durchsetzen.

Das Ganze gilt natürlich nur, wenn wir keinen nachhaltigen und durchschlagenden Handelskrieg bekommen und die Eurozone stabil bleibt. Davon gehe ich aber aus. Jetzt kann sich beweisen, ob freier Welthandel und dessen sicherlich mehrheitlich gegebenen wohlstandsfördernde Wirkung eine entsprechende (und notwendige) Stabilität und Widerstandskraft gegen Gefährdungen aufweist. Leider ist es wohl so, dass hoher Wohlstand, Frieden und Wachstum bzw. die Abwesenheit von Not und Krieg (und die wirkliche Erinnerung daran) eher Nationalismus, Populismus, Protektionismus und Krisen fördert. Wie auf der maslowschen Bedürfnispyramide sucht man, wenn alle Grundbedürfnisse erfüllt sind, weitere Ziele – die dann leider oft in der Befriedigung der eigene Eitelkeit, Überheblichkeit und Ego liegen. Wir hoffen, das die Gegenbewegung nicht zu stark wird.

 

 

Wirken steigende Zinsen auf Immobilienrenditen und -Preise? Ein Blick in die USA?

02.06.2018 Allgemein,Real Estate Keine Kommentare

Es wird viel darüber spekuliert, ob, wie und wie stark die zu erwartenden steigenden Zinsen auf die in den letzten Jahren der Niedrigzinsphase stark gestiegenen Immobilienpreise wirken.

Es ist wohl klar, dass die Einflüsse über die Fremdkapitalzinsen begrenzt sein sollten. Zu hoch ist das aktuell eingesetzte Eigenkapital. Die Fremdfinanzierung hat deutlich an Bedeutung verloren. Vermehrt wird auch nur aus Eigenkapital gekauft.

Der Einfluss sollte über eine Veränderung des Einsatzes des derzeit hohen Eigenkapitals bei steigenden Zinsen für Alternativanlagen kommen. Wenn Staatsanleihen oder andere Rentenpapiere in der Rendite steigen (vor allem, weil die EZB nicht mehr kauft), dann müssen auch risikoreichere Immobilienanlagen höhere Renditen bieten. Die Assetmanger reagieren sensibel auf Marktveränderungen mit Veränderungen der Kapitalallokation. So die „Logik“. Die höheren Renditen führen dann ggf. auf breiter Front zu niedrigeren Immobilienpreisen.

Doch stimmt das? Ein Blick in die USA lässt zweifeln. Während die US-Staatsanleihen bei über 3% notieren, werden Büroimmobilien auch in größeren INVESTMENTS noch immer zu 4% Renditen (Bruttoanfangsrendite) angeboten. Das Delta ist sehr gering – wenn überhaupt noch vorhanden, nach Kosten. Wie kann das sein? Es scheint so viel Eigenkapital im Markt Anlage zu suchen, dass in den USA steigende Zinsen für Alternativanlagen nicht zu einem Entzug von Anlagekapital im Immobilienbereich führt. Vielleicht reagiert der Markt auch mit Verzögerungen, aber dieser Zustand hält schon länger an.

Jetzt bleibt es abzuwarten, wie der Markt in Europa auf die Veränderungen der EZB-Politik reagiert. Die alte „Logik“ scheint nicht zwingend, so lange so viel Kapital Anlage sucht.  Zumindest in vermeintlich risikofreieren Top-Lagen könnte der Effekt sogar ausbleiben. Ein Turn-down am Immobilienmarkt könnte also länger auf sich warten lassen.

Dr. Michael Piontek