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Heraklit

Grexit … und die Folgen für Wirtschaft, Zinsen und Wechselkurse?

12.06.2015 Allgemein,Finance Keine Kommentare

Was genau bei einem Grexit passiert ist weitgehend unklar – es gab ihn aber schon einmal:

http://www.welt.de/geschichte/article137183575/Einen-Grexit-gab-es-schon-1908.html

Die Parallelen zu Beitritt zum Währungsverbund und die Überschuldung sind beängstigend. Es kam damals zu Austritt Griechenlands.

Um die Folgen für unsere Wirtschaft, Zinsen und Währung abschätzen zu können, müssen die Kosten und Folgen des Grexit sowie deren Alternativen untersucht werden.

Ist ein Auftritt sinnhaft möglich?

Dazu verweise ich auf die sehr gute IFO-Studie: „Austritt Griechenlands aus der Europäischen Währungsunion: historische Erfahrungen, makroökonomische Konsequenzen und organisatorische Umsetzung“, die zu folgendem Ergebnis kommt:

„Ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion, verbunden mit einer externen Abwertung der neuen Währung, stellt eine organisatorische Herausforderung, aber letztlich eine gangbare Alternative zur derzeitigen Strategie der internen Abwertung dar. Der Versuch, die makroökonomischen Ungleichgewichte über eine interne Abwertung zu verringern, zeigte nur einen begrenzten Erfolg und ging mit hohen gesamtwirtschaftlichen Kosten einher. Die Erfahrungen in Irland und den baltischen Republiken zeigen ebenfalls, dass die Strategie der internen Abwertung mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden ist. Die historische Erfahrung legt nahe, dass sich Länder nach externen Abwertungen deutlich schneller erholt haben.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass in Griechenland eine enorme reale Abwertung notwendig ist, um eine deutliche Verbesserung der Leistungsbilanz zu erzielen und damit einhergehend die Tragfähigkeit der Auslandsverschuldung zu gewährleisten. Die meisten Schätzungen liegen in der Größenordnung von 20 bis 30%; nach den historischen Erfahrungen mit externen Abwertungen könnte der reale Abwertungsbedarf sogar auf 50% steigen.

Vergleicht man die Effekte, die sich aus einer internen bzw. externen Abwertung auf die Verschuldung Griechenlands ergeben würden, so zeigt sich, dass die negativen Bilanzeffekte nicht maßgeblich von der Austrittsentscheidung abhängen. In jedem Fall reflektieren sie die Überschuldung der griechischen Volkswirtschaft: hohen Verbindlichkeiten steht eine geringe Wirtschafts- und damit Rückzahlungskapazität gegenüber.

Technisch-organisatorisch ist ein Austritt aus der Währungsunion mit moderaten Kosten möglich. Von großer Bedeutung für die anderen Länder des Euroraums sind die durch einen Austritt Griechenlands induzierten Ansteckungseffekte, insbesondere auf Krisenländer wie Portugal und Irland. Gegen Ansteckungseffekte im größeren Ausmaß spricht, dass sich zumindest internationale Kapitalanleger bereits in den vergangenen Jahren im großen Stil aus den europäischen Krisenländern zurückgezogen haben.“

Wenn der Gexit wirtschaftlich die allseitig beste Lösung ist, dann sollten sich nach ersten Verunsicherungen beruhigende Effekte durchsetzen. Der Wegfall der aktuelle Hängepartie dürfte psychologisch eher positiv wirken.

Die Zinsen werden weiterhin durch die EZB niedrig gehalten werden. Der Euro sollte sich Ex-Griechenland eher als werthaltiger und stabiler erweisen. Auch die Tatsache, dass nicht alle schwachen Teilnehmer zwangsläufig im Euroraum verbleiben können sollte eher aufwertend wirken.

Des Weiteren werden bei einem Grexit zuerst viele Investoren Ihr Geld wieder im vermeintliche sichersten Hafen Deutschland parken. Sofern das Geld von außerhalb des Euroraumes kommt, wird dies ebenfalls zu einem stärkeren Euro sorgen.

Ein stärkerer Euro  wird die aktuelle Zinserhöhungstendenz mindern. Somit könnte ein Grexit  – für viele unerwartet – auch für stabile bis leicht sinkende Zinsen sorgen. Allerdings werden die Zinsen nach meiner Einschätzung nicht auf das Niveau von Mitte April zurückgehen.

Die Banken sollten die gehaltenen Papiere weitgehend wertberichtigt haben. Sofern doch eine Bank in Schwierigkeiten gerät, sind diese nunmehr „abwickelbar“.  Die Wirtschaft wird etwas unter dem zeitweisen Wegfall des Marktes leiden – das Volumen ist aber begrenzt.

Die EZB und die Staaten der verbleibenden Eurozone können sowieso nicht mehr wirklich mit einer Rückzahlung der Hilfsgelder rechnen. Die Verluste aus dem Hilfsmaßnahmen werden nicht sofort in die Landeshaushalte wandern sondern sicherlich in einem Schuldenfonds der Eurozone gebündelt und dort „geparkt“. um langfristig abgetragen zu werden. da die Risiken der Griechenlandkrise wohl bereist eingepreist sind, sollte auch keine Ratingherabstufung der großen Eurostaaten erfolgen. Dies bleibt aber abzuwarten.

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